gertrudes-banner.jpg
 

Gertrud - ein Theaterstück

Gertrud_Plakat_A3.jpg

„Erarbeitung und Aufführung eines Theaterstückes zur Person Gertrud zur Lippe, Äbtissin der Reichsabtei Herford, Anfang des 13. Jahrhunderts“

Projektleitung: Andrea Sundermeier, Mitglied des Vorstands des Vereins für Herforder Geschichte e.V.

Projektmitwirkende: SchülerInnen der Otto-Hahn Realschule Herford

Projektzeitraum: August 2021 bis Februar 2023

Der Plot des Stückes Gertrud von der Lippe verbindet Mittelalter und Gegenwart. Zwei Jugendliche treffen am zukünftigen Archäologischen Fenster auf einen langen Bauzaun, an dem u.a. ein Plakat von Gertrud von der Lippe hängt. Das führt zu der Frage, wer diese Frau war. Die Jugendlichen vergleichen das mittelalterliche Geschehen mit ihrer Lebenswelt und finden nicht nur Unterschiede, sondern auch erstaunliche Ähnlichkeiten.

Die Jugendlichen beschäftigen sich mit der Geschichte der eigenen Stadt, lernen bedeutende Orte in der Stadt kennen und können Gebäude und Plätze einordnen, an denen sie sonst nur vorbeigelaufen sind. Vor allem müssen sich die jungen Menschen mit der Zeit des Mittelalters intensiv auseinandersetzen, um entscheiden zu können, wie bestimmte Inhalte des Stückes formuliert und dargestellt werden können. Sie informieren sich, weil sie ein persönliches Interesse an dem Ergebnis haben.

Für die Arbeit mit Jugendlichen hatte Andrea Sundermeier, Vorstandsmitglied im Verein für Herforder Geschichte und ehemalige Lehrerin, ein erstes Konzept des Theaterstücks über Gertud von der Lippe geschrieben. Da sie noch keine bestimmte Altersgruppe vor Augen hatte, war der Text ein ergebnisoffener Entwurf. Im Frühjahr 2022 meldeten sich 17 Schüler*Innen der 9ten Klassen der Otto-Hahn- Realschule Herford, die sich mit der Idee anfreunden konnten, an einem Stück über Gertrud II von der Lippe zu arbeiten und es auf die Bühne zu bringen. Wichtig war es zu zeigen, dass sie kein vorgefertigtes Stück erhalten, dessen Dialoge sie auswendig lernen müssen, sondern dass es um ein gemeinsames Entwickeln des Stückes geht, dass die Schüler*innen selbst an dem Stück arbeiten sollen, sodass es ihr Stück wird.

Zunächst mussten sich die Schüler*Innen mit der Gestalt Gertruds und ihrer Zeit vertraut machen. Dazu bearbeiteten sie ausgewählte Texte. Außerdem gab es eine Stadtführung zur Bedeutung Gertruds für Herford. Im Folgenden wurden auch immer wieder Originalschauplätze aufgesucht, um herauszufinden, wo heute noch Gertruds Spuren in Herford zu sehen sind. So nahmen Schüler*innen die Geschichte ihrer Stadt wahr und konnten Bezüge zu ihrer Lebenswirklichkeit herstellen.

Beim ersten Lesen des Entwurfes wurden Verständnisprobleme und für Schüler*innen ungewöhnliche Formulierungen beseitigt. Es entstand so durch die Veränderungen der Schüler*innen nach und nach ein Text, der für sie nachvollziehbar war. Wesentliche Teile der Dialoge wurden durch die Jugendlichen entwickelt. Bei der Umsetzung des Textes auf die Bühnen brachten die Schüler*innen gute Ideen und Vorstellungen ein, suchten Lösungen, um kompliziertere Sachverhalte darzustellen.

Nach den Sommerferien hatten viele Schüler*innen der Jahrgangsstufe 10 „Blut geleckt“ und trugen durch die Kurse Musik, Kunst, Textil zur Perfektionierung des Stückes bei. Der Kunst–Kurs gestaltete die Werbe-Plakate. Die Tatsache, dass im Mittelalter das Gesicht einer Person selten gemalt wurde und man so gar nicht weiß, wie Gertrud ausgesehen hat, bewirkte, dass Gertruds Gesicht ein Fragezeichen zeigt. Die Frage, wie die Kirchenfenster im Bühnenbild gemalt werden sollten, verlangte die Auseinandersetzung mit mittelalterlichen Kirchenfenstern und zeigte, dass nicht alles auf einer Bühne sinnvoll umgesetzt werden kann. Im Textil – Kurs musste das Aussehen der Kleidung entsprechend den mittelalterlichen Berufen recherchiert werden. Auch die Frage, warum im Mittelalter immer eine Kopfbedeckung getragen werden sollte, verlangte nach einer Klärung. Im Musik- Kurs wurden drei Lieder für das Stück eingeübt. Ein Lied („Beat it“ von Michael Jackson) wurde passend zu Gertrud umgeschrieben.

 

gertrudes_1.jpg
gertrudes_2.jpg
gertrudes_3.jpg

Die Aufführungen

Freitag, 03.02.2023,18.15h - Schüler*Innen in Kostümen begrüßen die Gäste vor dem Friedrichsgymnasium zur Premiere von „Gertrud – ein Theaterstück“.

Kurz vor 19h – Die Aula des Friedrichs-Gymnasiums ist sehr gut besucht. Das Licht verändert sich, das Gemurmel wird leiser. Jamie und Leonie betreten die Bühne und führen die Zuschauer kurz in das Stück ein. Die Aufführung beginnt.

Was die Gäste sehen, ist eine flotte, gut einstündige Inszenierung mit Musik der Schulband. Der Wechsel zwischen zwei Jugendlichen aus der Jetztzeit und ihren Fragen zu der geschichtlichen Situation, komischen Elemente, medialen Einspielungen und textsicheren Schauspieler*Innen, denen man die Freude am Spiel anmerkt, holen eine der großen Frauen Herfords in das Gedächtnis der Zuschauer.

Zur Melodie von „Beat it“ singt Tom „Hey Gertrud“. Die Schauspieler*Innen und sehr schnell auch das großartige Publikum klatschen dazu.

Ein rundherum gelungener Abend!

Am 1. Juni 2023 wird das Theaterstück ein zweites Mal aufgeführt. Diesmal vor 9. Klässlern der Otto-Hahn-Realschule. Der Text wurde der Zuschauerschaft entsprechend angepasst. Die Frage einer Schülerin, ob so ein Theaterstück im nächsten Schuljahr auch einstudiert werde, zeigt, dass bei einigen Jugendlichen Interesse geweckt worden ist.

 

Auszeichnung mit dem Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen 2023 – Rolle vorwärts

Aus der Pressemitteilung des Westfälischen Heimatbundes:

Rolle vorwärts – der Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen 2023

Höxter/Nieheim/Herford (whb). Bereits zum fünften Mal wurde nun auf dem diesjährigen Westfalentag am 3. Juni 2023 in Höxter „Rolle vorwärts – der Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen“ verliehen. Mit dieser Auszeichnung würdigt das Kuratorium des WHB seit 2015 in zweijährigem Rhythmus besonders vorbildliches ehrenamtliches Engagement von Heimatakteurinnen und -akteuren in Westfalen.

Zum einen wird ein impulsgebendes Projekt für die Heimatarbeit in Westfalen prämiert. Zum anderen wird ein Nachwuchspreis an ein außergewöhnlich engagiertes Projekt von, für und/oder mit jungen Menschen vergeben. Dotiert ist der Preis mit jeweils 4.000 Euro. Die Auszeichnungen werden in der Kategorie Innovation durch die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung sowie in der Kategorie Nachwuchs durch die Sparkassen in Westfalen-Lippe gestiftet.

Unter den 47 Bewerbungen, die ein vielfältiges Themenspektrum abdecken, hat die Jury, gebildet aus Mitgliedern des Kuratoriums des Westfälischen Heimatbundes, ein jeweils einstimmiges Votum für zwei Projekte getroffen.

 

In der Kategorie Innovation überzeugte der Arbeitskreis Nieheimer Flechthecken im Heimatverein Nieheim e. V. aus dem Kreis Höxter mit seinem gleichnamigen Projekt „Nieheimer Flechthecken“.

[…]

 

Den Nachwuchspreis von „Rolle vorwärts“ erhielt der Verein für Herforder Geschichte e. V. für sein Projekt„Gertrud – Ein Theaterstück“.

Mit dem Projekt wurde Kultur für junge Zielgruppen auf attraktive Weise erlebbar gemacht und von ihnen selbst aktiv gestaltet. In einer stark durch digitale Medien geprägten Welt sind solche kreativen Formate, die auf Interaktion setzen, eine tolle Chance, um für Geschichte zu begeistern und Selbstwirksamkeit zu erfahren“, erläutert Prof. Dr. Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe und Mitglied im Kuratorium des WHB. „Besonders freuen wir uns über die Bereitschaft des Vereins, sein Wissen an Interessierte weiterzugeben und seine Erfahrungen impulsgebend in die Engagementlandschaft zu tragen.“

Das Theaterstück vermittelt ein Kapitel mittelalterlicher Geschichte aus dem frühen 13. Jahrhundert, das nicht allein von lokaler Bedeutung ist, sondern mit Gertrud II. zur Lippe eine der damals einflussreichsten Persönlichkeiten im mittelalterlichen Westfalen und eine der mächtigsten Frauen ihrer Zeit in den Blick nimmt Die Äbtissin der Reichsabtei Herford war Bauherrin der Münsterkirche und Mitgründerin der Herforder Neustadt. Auf diese Weise wird auch der Frauen- und Geschlechtergeschichte ein besonderes Augenmerk gewidmet.

Die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen der Otto-Hahn-Schule, Städtische Ganztagsrealschule in Herford, haben sich der Herausforderung gestellt, ein Theaterstück über diese historische Persönlichkeit auf die Bühne zu bringen. Sie haben kein vorgefertigtes Stück umgesetzt, sondern die Inhalte mitentwickelt und die Dialoge weitestgehend selbst konzipiert. Die ganze Jahrgangsstufe war letztlich bei der Realisierung eingebunden vom Textilkurs über den Kunst- bis hin zum Musikkurs. Die Corona-bedingt verschobene Aufführung am 3. Februar 2023 war ein großer Erfolg.

 

Die nächste Ausschreibung von „Rolle vorwärts“ – dem Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen erfolgt in 2025.